Geldbußen für LKW-Hersteller: Was passiert mit dem Geld ?

Dienstag, 08. August 2016

Im Juli 2016 verhängte die EU-Kommission eine Rekordgeldbuße in Höhe von 2,9 Milliarde Euro über namhafte Lkw-Hersteller. Die Basis dafür ist der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dieser Vertrag beabsichtigt, einen gerechten und fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen in der EU sicherzustellen. Wettbewerbswidrige Absprachen (z.B. Kartelle) und die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung sind verboten. Die Kommission ist für den Vollzug dieser Regeln zuständig. Bei Verstößen droht eine Geldbuße von bis zu 10 % des Gesamtjahresumsatzes.

 

Was passiert nach Verhängung der Geldbuße?

Entscheidungen der Europäischen Kommission können mit Nichtigkeitsklage vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten werden. Die Nichtigkeitsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Geldbuße muss daher entweder vorläufig bezahlt werden oder es muss eine Bankgarantie hinterlegt werden. Nicht bezahlte Geldbußen können vor nationalen Gerichten zwangsvollstreckt werden. Im Falle eines österreichischen Unternehmens würde das durch das örtlich zuständige Bezirksgerichts erfolgen.

 

Kontrolle des Vollzugs einer Geldbuße

2015 verhängte die Kommission insgesamt Geldbußen in der Höhe von 364 Millionen Euro wegen wettbewerbswidrigen Absprachen. Im selben Jahr wurden 1,4 Milliarden Euro an Geldbußen bezahlt. Der Unterschied resultiert aus eingegangenen Forderungen vergangener Jahre. Für die Kontrolle der Einzahlungen und die zwangsweise Durchsetzung der Forderungen ist der Rechnungsführer der Kommission zuständig. Er verfasst auch den Jahresabschluss der EU. Dieser beinhaltet klassische Elemente wie eine Bilanz, eine Ergebnisübersicht, eine Kapitalflussrechnung und eine Übersicht über die Vermögenswerte. Diesem Jahresabschluss ist auch der Eingang von rechtskräftigen oder auch nur vorläufig bezahlten Geldbußen entnehmen. Der ordnungsmäßige Vollzug der Haushaltsführung wird zunächst durch einen internen Prüfer kontrolliert. Weiters erfolgt eine externe Prüfung durch den Rechnungshof der Europäischen Union. Dabei muss vollständige Einsicht in die Konten und Unterlagen der Kommission gewährt werden. Der Rechnungshof erstellt jährlich einen öffentlich einsehbaren Bericht über seine Kontrolltätigkeiten.

Die politische Kontrolle obliegt dem direkt gewählten Europäischen Parlament. Ist der Haushalt im Einklang mit den EU-Vorschriften geführt worden, fasst das Parlament einen Entlastungsbeschluss. Dieser Beschluss kann auch verweigert werden und führte etwa im Jahr 1999 zum Rücktritt der Kommission.

Zusätzlich ist die Kommission verpflichtet monatlich dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die erzielten Einnahmen und Ausgaben vorzulegen. Dieser Bericht wird von der Kommission online veröffentlicht. Per Stand 30.06.2016 erzielte die EU im Jahr 2016 Einnahmen aus Geldbußen samt Verzugszinsen in der Höhe von 100,3 Millionen Euro. Ausständig sind noch 5,9 Milliarden Euro. Dieser hohe Außenstand wird durch hinterlegte Bankgarantien relativiert.

 

Wem kommen die Geldbußen zugute?

Einnahmen aus Geldbußen werden im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union verbucht. Sie zählen zu den sonstigen Einnahmen. Ziel der EU ist ein ausgeglichener Haushalt, sprich Einnahmen und Ausgaben sollen sich decken. Der Anstieg von sonstigen Einnahmen (aus Geldbußen) führt zu einem geringeren Bedarf an Eigenmitteln. Eigenmittel setzen sich aus Zolleinnahmen, Zuckerabgaben, Mehrwertsteuer-Eigenmitteln und einem Prozentsatz vom Bruttonationaleinkommen der Mitgliedsstaaten zusammen. Hohe Geldbußen vermindern diesen Prozentsatz und entlasten damit die Budgets der Mitgliedsstaaten.

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Dr. Johannes Öhlböck LL.M.

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