Schadenminderungspflicht bei Verwertung von Wracks

Freitag, 16. Mai 2013

Der Oberste Gerichtshof entschied in seinem Urteil vom 14.03.2013 zu 2 Ob 18/13f über die Schadenminderungspflicht des Geschädigten im Zusammenhang mit der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges (Wrack, Unfallfahrzeug) nach einem Unfall mit Fremdverschulden.

Häufig verkauft der Geschädigte das Kfz an einen lokalen Gebrauchtwagenhändler zu einem durchschnittlichen Verkaufserlös, anstatt dieses über eine Internetwrackbörse zu einem höheren Preis zu veräußern. Nach der Ansicht des Obersten Gerichthof ist in dieser Vorgehensweise keine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten zu erkennen. Eine Verletzung der Schadenminimierungspflicht kann grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn dem Geschädigten vor dem Verkauf ein solches höhere Angebot vom beklagten Haftpflichtversicherer „auf dem Silbertablett" serviert worden ist.

Der Entscheidung des Obersten Gerichthofes lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einem Unfall teilte die Klägerin der beklagten Haftpflichtversicherung mit, dass sie das Unfallfahrzeug reparieren lassen möchte und forderte von dieser die Zahlung der Reparaturkosten sowie einer Abgeltung der merkantilen Wertminderung. In der Folge ließ die Klägerin das Fahrzeug jedoch nicht reparieren, sondern verkaufte es unrepariert an eine inländische Kfz-Reparaturwerkstätte zu einem durchschnittlichen Verkaufserlös. Vor dem Verkauf informierte die Klägerin die beklagte Haftpflichtversicherung nicht von der nunmehrigen geplanten Veräußerung. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der beklagten Haftpflichtversicherung die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Kfz vor dem Unfall und dem von ihr erzielten Verkaufserlös des beschädigten Kfz.

Die beklagte Haftpflichtversicherung anerkannte nur einen Teilbetrag des eingeklagten Betrages, zumal nach dessen Ansicht nur die objektive Wertminderung zustehe. Insbesondere sei nach Ansicht der beklagten Haftpflichtversicherung nicht der geringere von lokalen Händlern bezahlte Kaufpreis zugrunde zu legen, sondern der über das Internet in Internetwrackbörsen erzielbare höhere Kaufpreis. Die Klägerin habe ihre Schadenminimierungspflicht insbesondere dadurch verletzt, dass sie der beklagten Haftpflichtversicherung über die Verkaufsabsicht nicht zuvor informiert hatte. Zudem habe sich die Klägerin nicht bemüht, das beschädigte Kfz am Kfz-Markt zu verkaufen.

Das Berufungsgericht sprach in seiner Berufungsentscheidung aus, dass der Klägerin keine Verletzung der Schadensminimierungspflicht zu Last gelegt werden kann, zumal die beklagte Haftpflichtversicherung von der Klägerin gar nicht verlangt hat, vor einem Verkauf des beschädigten Kfz informiert zu werden. Nur wenn die beklagte Haftpflichtversicherung die Klägerin grundsätzlich darauf hingewiesen hätte, dass sie vor einem allfälligen Verkauf des beschädigten Kfz informiert und ihr die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, der Klägerin binnen kurzer Frist ein Angebot zu präsentieren, käme eine Verletzung der Schadensminimierungspflicht in Betracht. Von der Klägerin kann aber verlangt werden, selbst Marktforschung zu betreiben oder das beschädigte Fahrzeug zu inserieren oder selbst in Internetwrackbörsen zu veräußern.

Der Oberste Gerichtshof folgte der Berufungsentscheidung vollinhaltlich, und zwar sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung.