Dieselpartikelfilter voll – Wandlung Kaufvertrag ?

Mittwoch, 29. Juli 2014

Fotolia_alma_sacra_4742582_XSEin leistungsstarker Geländewagen mit Dieselpartikelfilter wurde nur in der Stadt bewegt. Der Dieselpartikelfilter musste von der Werkstätte gereinigt werden. Die Käuferin begehrte Wandlung. Zu Unrecht: Dieselpartikelfilter waren schon 2008 Stand der Technik und mit einer derartigen Verwendung des KFZ musste von Seiten des Verkäufers nicht gerechnet werden (OGH,  2Ob 77/12f - Foto © alma_sacra - Fotolia.com).

Aus dem Sachverhalt (verkürzt):
Die Klägerin kaufte im Mai 2008 beim beklagten Autohändler einen PKW Range Rover Sport 3,6 Td mit Dieselpartikelfilter (DPF) um EUR 87.000,00.

Der Dieselpartikelfilter filtert einen großen Anteil schädlicher Kohlenstoffpartikel (Ruß) aus den Abgasen. Die Partikel verbleiben im Filter, bis sie verbrennen und der Filter entleert werden kann. Erscheint die Meldung „DPF voll“, ist das in der Betriebsanleitung vorgesehene Regenerierungsverfahren durchzuführen. Der Regenerierungsprozess findet in den meisten Fällen automatisch statt, unter bestimmten ungünstigen Fahrbedingungen muss der Regenerierungsprozess jedoch vom Fahrer eingeleitet werden. Im Stadtverkehr und bei Kurzstrecken kann die Meldung „DPF reinigen“ bereits nach 200 km aufleuchten. Leuchtet diese Meldung auf, so hat der Fahrer die in der Betriebsanleitung vorgesehene Regenerationsfahrt durchzuführen und dadurch den Reinigungszyklus einzuleiten. Wird das Fahrzeug nicht ausschließlich in der Stadt sondern auch Überland betrieben, so sind die Reinigungsintervalle wesentlich länger, etwa alle 30.000 bis 50.000 km oder teilweise mehr. Für die Regenerierung des Dieselpartikelfilters ist ein Werkstättenbesuch in der Regel nicht erforderlich, vielmehr kann der Filter entsprechend der Betriebsanleitung durch Regenerationsfahrten selbst gereinigt werden. Die Regenerierung kann jedoch auch in einer Fachwerkstätte durchgeführt werden. Das gegenständliche Fahrzeug, insbesondere dessen Dieselpartikelfilter, entsprach im Kaufzeitpunkt dem Stand der Technik.

Die Klägerin benutzte das Fahrzeug unter der Woche überwiegend für innerstädtische Fahrten, am Wochenende wurden sowohl innerstädtische Fahrten als auch Fahrten außerhalb Wiens durchgeführt. Entscheidend (und dies wurde beim Verkaufsgespräch auch so kommuniziert) war für die Klägerin demnach, ein Fahrzeug zu erwerben, das den Fahrzeuginsassen größtmöglichen Schutz bietet.

Der Verkäufer der Beklagten wies die Klägerin nicht darauf hin, dass bei einem reinen Stadtbetrieb des Fahrzeugs regelmäßige Regenerationsfahrten durchzuführen sind. In der Betriebsanleitung wird darauf zwar ausdrücklich hingewiesen, die Klägerin las sich diese vor dem Erwerb des Fahrzeugs jedoch nicht durch. Der Klägerin war im Kaufzeitpunkt nicht bewusst, dass regelmäßige Regenerationsfahrten erforderlich sind.

Etwa vier bis fünf Monate nach Übernahme des Fahrzeugs durch die Klägerin leuchtete erstmals die Warnleuchte „DPF voll“ auf. Die Klägerin las sich das Betriebshandbuch durch und versuchte, die dort vorgesehene Regenerationsfahrt durchzuführen. Da dies aus nicht näher feststellbaren Umständen nicht zu einer Reinigung des Dieselpartikelfilters führte, kontaktierte die Klägerin die Werkstätte der Beklagten, welche mittels Regenerationsfahrt den Filter reinigte. Anschließend musste der Dieselpartikelfilter einige Zeit nicht gereinigt werden, bis in regelmäßigen Abständen (ca alle 200 km) wieder die Meldung „DPF voll“ aufleuchtete. Die Klägerin führte dann teilweise selbst die vorgesehenen Regenerationsfahrten durch, teilweise (insgesamt fünfmal) brachte sie das Fahrzeug in die Werkstätte der Beklagten, damit dort der Dieselpartikelfilter gereinigt wird, was jeweils durch die in der Betriebsanleitung vorgesehene Regenerationsfahrt erfolgte.

Am 22. 3. 2011 meldete die Klägerin das Fahrzeug ab und hinterlegte die Zulassungsbescheinigung und die Kennzeichentafel bei der Behörde und erhob Klage gegen das Autohaus.

Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Kaufvertrags und die Bezahlung von 78.280 EUR (Rückerstattung des Kaufpreises abzüglich eines Benützungsentgelts von 10.000 EUR zuzüglich Nebenspesen) Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Sie stützt das Klagebegehren auf Gewährleistung, die sie zur Wandlung berechtige, und auf arglistige Irreführung durch die Beklagte bzw auf von dieser veranlassten Irrtum durch nicht ausreichende Aufklärung.

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Der Oberste Gerichtshof führte dazu in rechtlicher Hinsicht aus (Auszug):

Bei der Prüfung, ob ein die Wandlung ausschließender geringfügiger Mangel iSd § 932 Abs 4 ABGB vorliegt, ist eine auf den konkreten Vertrag und die Umstände des Einzelfalls bezogene objektive Abwägung der Interessen der Vertragspartner vorzunehmen. Die Beurteilung der Erheblichkeit bzw Geringfügigkeit eines Mangels stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass die Klägerin den Verkäufer nicht darauf hingewiesen hat, dass sie das Fahrzeug fast ausschließlich im Stadtverkehr verwenden will. Der Verkäufer hat mit einer solchen Verwendung des sehr schweren und sehr leistungsstarken Geländewagens mit Allradantrieb nicht rechnen müssen. Zudem hielt er fest, dass die Funktionsweise des Dieselpartikelfilters Stand der Technik war.

Schließlich erwähnt er, dass der deutsche Bundesgerichtshof zum verwandten deutschen Gewährleistungsrecht (§ 434 BGB) die Mangelhaftigkeit eines Kraftfahrzeugs mit Dieselpartikelfilter mit Eigenschaften wie im vorliegenden Fall verneint hat (4. 3. 2009, VIII ZR 160/08).