Generalimporteur für Neufahrzeuge von Citroen marktbeherrschend

Freitag, 24. Januar 2008

Der OGH hat am Rande einer Entscheidung zu den Anforderungen an die Begründung einer Kündigung eines KFZ-Händlervertrages eine bedeutende Anmerkung gemacht (4 Ob 148/07d). Er hat an seiner Rechtsprechung vor Inkrafttreten der KFZ-GVO 1400/2002 festgehalten, wonach (grundsätzlich) eine marktbeherrschende Stellung des Generalimporteurs gegenüber seinen Vertragspartnern (KFZ-Händler) besteht.

Die Beklagte ist die österreichische Generalimporteurin für Kraftfahrzeuge der Marke Citroen. Die Klägerin ist eine ihrer Vertragshändlerinnen und genießt als solche einen bestimmten Gebietsschutz. Die Beklagte kündigte den Vertrag zum 31. Dezember 2008 auf.

Zur Sicherung ihres im Wesentlichen gleichen Unterlassungsbegehrens beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten

„in Verletzung von Punkt 2.1. 2. Satz des Händlervertrags einen anderen Händler für Neufahrzeuge für das Vertragsgebiet zu ernennen und mit Händlern in Gespräche über eine solche Ernennung zu treten."

Im Kündigungsschreiben fehle eine „objektive und transparente Begründung" iSv Art 3 Abs 4 der Verordnung (EG) Nr 1400/2002 (Kfz-GVO 2002). Das führe - ungeachtet einer Vertragsklausel, wonach die Begründungspflicht keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Kündigung habe - zur Unwirksamkeit der Kündigung. Zudem habe die Beklagte mit der Kündigung ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht. Beides begründe (auch) einen Verstoß gegen § 1 UWG.

Die Vorinstanzen wiesen diesen Antrag mit unterschiedlicher Begründung ab. Der Oberste Gerichtshof hat dies bestätigt.

In seiner Begründung führt der OGH aus, dass greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten in naher Zukunft bevorsteht. Grundlage für den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch kann nur der auf dem Vertrag beruhende Gebietsschutz der Klägerin sein. Vorfrage dafür ist - für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist, dh ab dem 1. Jänner 2009 - die Wirksamkeit der Kündigung. Die Klägerin hat nun zweifellos ein rechtliches Interesse an der von ihr hilfsweise begehrten Feststellung, dass diese Kündigung unwirksam sei. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist demgegenüber - unabhängig von der Frage, ob die Verletzung des Gebietsschutzes überhaupt einen Verstoß gegen § 1 UWG begründete - nicht zu erkennen.

Der OGH prüfte daher nicht weiter,

- ob Art 3 Abs 4 Kfz-GVO 2002 zwar nicht unmittelbar, wohl aber mittelbar im Weg der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe des nationalen Zivilrechts zur Nichtigkeit jener Vertragsklausel führen könnte, nach der eine Verletzung der Begründungspflicht die Wirksamkeit der Kündigung nicht berührt;

- ob im Fall einer solchen Teilnichtigkeit die „objektiven" Gründe iSv Art 3 Abs 4 Kfz-GVO 2002 die Bedeutung „wichtiger" Gründe haben müssten, wie sie für die außerordentliche Kündigung eines Vertrags erforderlich wären, oder ob es nicht grundsätzlich ausreichte, dass die (wie immer gearteten) Gründe der Kündigung nicht in den nach Art 3 Abs 4 Kfz-GVO 2002 verpönten Motiven (dh in der Sanktionierung eines nach der Kfz-GVO 2002 erlaubten Verhaltens) liegen; - ob die in diesem Fall erforderliche „Transparenz" der Begründung am Verständnis eines unbeteiligten Dritten oder an jenem des konkreten Erklärungsempfängers zu messen wäre;

- und ob schließlich aus der (grundsätzlich) marktbeherrschenden Stellung des Generalimporteurs gegenüber seinen Vertragspartnern tatsächlich eine Pflicht zur Weiterbelieferung abgeleitet werden könnte, die das Recht zur ordentlichen Kündigung beschränkte und nur bei Vorliegen wichtiger Gründe wegfiele, obwohl dieser Schutz des Besitzstands bei einer systemimmanent beschränkten Anzahl von Vertragshändlern zu einem Wettbewerbsnachteil für solche Unternehmen führte, die bisher noch nicht am Vertriebssystem teilnehmen, das aber anstreben. (4 Ob 148/07d)