Ersatzteilrücknahme - Importeur muss KFZ-Ersatzteile nach Vertragsende zurücknehmen

Dienstag, 25. Juni 2007

Der Importeur von Kraftfahrzeugen muss Ersatzteile zu deren Lagerung der Vertragshändler vertraglich verpflichtet war, nach Vertragsende - nachvertragliche Treuepflicht - zum Händlereinstandspreis zurücknehmen.

Die Josef B* & Co KG (Nissan-Händler) war Vertragshändlerin für Kraftfahrzeuge der Marke Nissan. Im Händlervertrag wurde der Händler unter anderem zur Unterhaltung eines ausreichend sortierten Lagers (auch) an Ersatzteilen verpflichtet. Mit Schreiben vom 24. 9. 2002 kündigte der Importeur den Vertragshändlervertrag unter Einhaltung der darin vorgesehenen Kündigungsfrist von zwei Jahren zum 30. 9. 2004. Nach Auflösung des Vertrages verlangte der Händler die Rücknahme seines Lagers an Nissan-Originalersatzteilen. Mit Schreiben vom 27. 4. 2005 erklärte sich der Importeur lediglich bereit, die nach Punkt 6.3 des Händlervertrages zurückzukaufenden Ersatzteile zurückzunehmen. Punkt 6.3. des Vertrages sieht im Fall einer Kündigung durch den Importeur vor, dass der Händler nach Ablauf der Kündigungsfrist berechtigt ist, Nissan-Originalersatzteile, die vom Händler in den letzten 12 Monaten bezogen wurden, und vollständig, ungebraucht sowie originalverpackt und nicht über das Normalmaß verschmutzt sind, zum Händlereinstandspreis an den Importeur zu verkaufen. Ausgenommen von dieser Rückkaufgarantie sind Sonderbestellungen des Händlers.

Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Sache (6 Ob 254/06f, 16.3.2007) ausgesprochen, dass aus dem Wesen des Vertragshändlervertrages als Dauerschuldverhältnis und den Grundsätzen von Treu und Glauben eine nachvertragliche Treuepflicht des Herstellers beziehungsweise Importeurs abzuleiten ist, aus der sich eine Rücknahmepflicht von Ersatzteilen bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ergeben kann.

Die Einschränkung einer Rücknahmeverpflichtung des Herstellers beziehungsweise Importeurs auch hinsichtlich solcher Ersatzteile, deren Lagerung durch den Vertragshändler im Interesse ordnungsgemäßer Vertragserfüllung geboten war, ist im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB (Verstoss gegen die „guten Sitten“)unwirksam.

Der OGH hat erkannt, dass Lagerbestände von Ersatzteilen für den Vertragshändler nach Vertragsende vielfach erheblich an Wert verlieren und dann nur noch beschränkt, vielfach auch nur zu Schleuderpreisen, absetzbar sind. Die diesbezüglichen Verwertungsschwierigkeiten sind für den OGH offenkundig im Sinne des § 269 ZPO, sodass es diesbezüglich keinerlei Beweisaufnahme bedarf. Daran hat auch das Inkrafttreten der Kfz-GVO 1400/2002 nichts geändert.

Dem gegenüber ist die Rücknahme der Ersatzteile für den Hersteller oder Importeur nur mit geringen Belastungen verbunden, weil er die Möglichkeit hat, sie in seiner eigenen Verkaufsorganisation zu veräußern oder anderen Vertragshändlern zu überlassen. Die zeitliche Beschränkung auf im letzten Jahr gelieferte Ersatzteile entbehrt jeder Rechtfertigung, muss doch der Händler auch zur Reparatur älterer Fahrzeuge in der Lage sein. Die Beschränkung der Rücknahmepflicht der beklagten Partei ist daher als grob benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB nicht Vertragbestandteil geworden.

Der Oberste Gerichtshof stützte seine Entscheidung zu einem großen Teil auf die Judikatur des deutschen BGH, deren Grundsätze er auf Österreich übertragen hat (vgl BGH VIII ZR 360/86 vom 25. 5. 1988, BGH vom 12. 1. 1994, VIII ZR 165/92, BGH vom 23. 11. 1994, VIII RZ 254/93, BGH VIII ZR 121/04 vom 20.7.2005).