Rückkauf von Ersatzteilen bei Beendigung von Ersatzteilgroßhandel

Freitag, 14. Januar 2010

Ein Händler (Opel) hat nach Vertragsende keinen Anspruch auf Rückkauf von Ersatzteilen durch den Hersteller / Importeur, wenn die Zusammenarbeit – im Wesentlichen gleich – fortgesetzt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn der Händler bisher auf den Großhandel von Ersatzteilen spezialisiert war, dem nunmehr aber durch Umstrukturierung des Vertriebssystems der Boden entzogen ist (BGH, 09.12.2009 - VIII ZR 91/08).

Rechtssatz:
Eine Formularklausel in einem Kfz-Vertragshändlervertrag, nach der sich der Hersteller verpflichtet, von dem Händler bei Beendigung dieses Vertrages auf Verlangen fabrikneue Ersatzteile, die näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllen, zurückzukaufen, ist dahin auszulegen, dass der Rückkaufanspruch entfällt, wenn die Zusammenarbeit auf der Grundlage eines mit dem beendeten Vertrag im Wesentlichen übereinstimmenden Vertrags fortgesetzt wird. Das ist nicht der Fall, wenn der Händler sich auf der Grundlage des bisherigen Vertrags auf den Ersatzteilgroßhandel spezialisiert hatte und dieser Großhandelstätigkeit des Händlers durch eine Umstrukturierung des Vertriebssystems des Herstellers zu einem wesentlichen Teil der Boden entzogen worden ist (im Anschluss an Senatsurteile vom 18 Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, und vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 154/06, WM 2008, 2076).

Zum Sachverhalt
Die Klägerin war aufgrund eines Händlervertrages für Vertrieb und Service seit dem 1. Januar 1997 Vertragshändlerin der Beklagten. Unter der Geltung dieses Vertrages belieferte die Klägerin auch Wiederverkäufer, insbesondere freie Werkstätten, Tankstellen und sogenannte „Autorisierte Opel-Servicebetriebe“ (AOS) mit Opel-Ersatzteilen. Ihr Umsatz aus dem Weiterverkauf von Ersatzteilen machte 50 % ihres Gesamtteileumsatzes aus. Diese Großhandelstätigkeit der Klägerin wurde von der Beklagten durch jährliche Mitteilung von Verkaufsrichtzahlen und Einräumung besonderer Boni gefördert.

Die Beklagte kündigte den Vertrag - ebenso wie die Verträge ihrer anderen Vertragshändler - im Hinblick auf die durch das Inkrafttreten der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 1400/2002 notwendig gewordene Umstrukturierung ihres Vertriebsnetzes zum 30. September 2003. Zu diesem Stichtag nahm die Beklagte auch eine Umstrukturierung des Ersatzteilhandels vor, indem sie insgesamt 15 Handelsunternehmen aus der Opel-Vertriebsorganisation als sogenannte „Regionale Stützpunktlager“ (RSL) einrichtete und im Übrigen den Teilehandel selbst übernahm. Bei einigen der als RSL tätigen Unternehmen handelt es sich um ehemalige Vertragshändler wie die Klägerin, die bereits während der zuvor geltenden Händlerverträge eine Großhandelsfunktion für Opel -Ersatzteile wahrgenommen hatten. Die Klägerin erhielt kein Vertragsangebot für einen RSL-Vertrag. Die Parteien schlossen jedoch mit Wirkung zum 1. Oktober 2003 einen neuen Händlervertrag für den Neuwagenvertrieb und einen Servicepartnervertrag für das Werkstattgeschäft.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückkauf von Ersatzteilen in Anspruch und stütze sich dabei auf Art. 7.1. der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag (im Folgenden: ZB-HV), in dem sich eine Regelung zur Rücknahme von Ersatzteilen nach Vertragsende findet.

Aus der Begründung:
Ein Rückkaufanspruch aus Art. 7.1 ZB-HV besteht jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien ihre Geschäftsbeziehung im Anschluss an den beendeten Händlervertrag im Rahmen eines Service-Partner-Vertrages fortsetzen.

Für den hier vorliegenden Fall, in dem die Parteien ihre Zusammenarbeit nicht nur im Rahmen eines Werkstattvertrags, sondern auch mit einem (neuen) Händlervertrag über den Vertrieb von Neufahrzeugen fortgesetzt haben, gilt nichts anderes, weil darin aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Umstrukturierung ihres Ersatzteilgeschäfts entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht gesehen werden kann.

Ein Ausnahmefall (Ausscheiden des Rückkaufanspruches bei Fortsetzung der Zusammenarbeit auf übereinstimmenden Grundlage) ist nicht schon dann gegeben, wenn sich an den bisherigen Händlervertrag, der sowohl das Neuwagen- als auch das Werkstattgeschäft umfasste, ein neuer Händlervertrag (für den Vertrieb von Neufahrzeugen) und ein Service-Partner-Vertrag (für das Werkstattgeschäft) anschließen. Der bloße Abschluss solcher Verträge reicht für die Annahme einer im Wesentlichen unveränderten Fortführung der Zusammenarbeit nicht aus. Es kommt vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung der neuen Verträge, das heißt darauf an, ob die Geschäftsbeziehung auch hinsichtlich des Ersatzteilgeschäfts im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn dem weiteren Absatz der Ersatzteile durch den Vertragshändler im Vergleich zur bisherigen Geschäftsbeziehung keine unzumutbaren Schwierigkeiten entgegen stehen. Inwieweit die Absatz- und Amortisationsmöglichkeiten bei einer Kombination von neuem Händler- und neuem Servicevertrag unverändert fortbestehen, hängt deshalb von einem Vergleich der alten und neuen Verträge und der sich daraus ergebenden Ausgestaltung der bisherigen und der zukünftigen Geschäftsbeziehung ab.

Ein Ausnahmefall, in dem der Rückkaufanspruch trotz Beendigung des ursprünglichen Händlervertrags wegen im Wesentlichen unverändert fortgeführter Geschäftsbeziehung ausgeschlossen ist, liegt nicht vor. Auch wenn die Parteien ihre Zusammenarbeit sowohl im Neuwagengeschäft als auch im Servicebereich fortgesetzt haben, liegt hinsichtlich des Ersatzteilgeschäfts, das Bestandteil des beendeten Händlervertrags war, keine im Wesentlichen unveränderte Zusammenarbeit vor, bei der die Klägerin keine unzumutbaren Schwierigkeiten hätte, ihre auf der Grundlage des früheren Vertrages angeschafften Ersatzteile abzusetzen. Denn die Umstrukturierung des Vertriebssystems der Beklagten hat nach den rechts-fehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu gravierenden Änderungen für das Ersatzteilgeschäft geführt, die es der Klägerin auf der Grundlage der neuen Verträge nicht mehr ermöglichen, das Ersatzteilgeschäft in der bisherigen Weise fortzuführen.