Anspruch auf Werkstattvertrag von Premiummarken?

Samstag, 29. April 2016

Jaguar-Fotolia_70869254_XSDer deutsche BGH hat sich mit dem Antrag einer Werkstätte auf Zugang zum Werkstättennetz von Jaguar beschäftigt. Die Entscheidung ist bemerkenswert. Sie liefert für Werkstätten, die KFZ von Premiummarken spezialisiert sind, eine Chance auf Erhalt eines Werkstättenvertrages bei Erfüllung der qualitativen Vorgaben / Standards des Importeurs.

Werkstätte klagt Importeur

Der Kläger betreibt eine Autoreparaturwerkstatt. Von Oktober 2003 bis 31.05.2013 war er Jaguar-Vertragswerkstätte. Bis 2009 war er zudem Jaguar-Händler. Sein Werkstattvertrag wurde - wie der aller anderen Betriebe auch - mit Schreiben vom 23.05.2011 zum 31.05.2013 gekündigt. Als Grund wurde die Neuordnung des Servicenetzes genannt. Den meisten Gekündigten wurde ein neuer Vertrag angeboten, nicht jedoch dem Kläger. Einen Antrag auf Abschluss eines neuen Werkstattvertrages lehnte der Importeur ab. Die Werkstatt klagte daraufhin den Importeur und beantragte festzustellen, dass der Importeur verpflichtet sei, ihn als Vertragswerkstatt zuzulassen.

BGH: Anspruch auf Zulassung zu Werkstattnetz unter bestimmten Voraussetzungen

Die Gerichte erster und zweiter Instanz gaben dem Anliegen des KFZ-Betriebes nicht Folge. Erst der BGH (Höchstgericht in Zivilsachen in Deutschland) sah die Sache anders (KZR 41/14; zur Verfügung gestellt von RA Dr. T.O. Vogels) und gab dem KFZ-Betrieb Folge.

Er orientierte sich zunächst an der MAN-Entscheidung (KZR 6/09). Er hat sich dabei mit der Frage befasst, ob der Status als MAN-Vertragswerkstatt eine unverzichtbare Ressource bildet, die es rechtfertigt, einen eigenständigen - markenspezifischen - Markt anzunehmen. Bei MAN wurde kein markenspezifischer Markt angenommen. Dies mit dem Argument, dass der überwiegende Teil der Werkstattleistungen für MAN-Nutzfahrzeuge von freien Werkstätten ausgeführt werde.

Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf PKW der Marke Jaguar war für den BGH mangels Feststellungen des Berufungsgerichtes nicht möglich. Er verwies die Sache daher an das Berufungsgericht zurück, schuf aber zugleich in der Sache selbst eine Argumentationslinie, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch eines KFZ-Betriebes auf Zulassung zum Werkstattnetz begründen können.

Maßgeblich dafür sind die Ansprüche, Erwartungen und Gepflogenheiten der Fahrzeugeigentümer auf dem Endkundenmarkt. So können die Eigentümer eines Jaguar etwa gesteigerten Wert darauf legen, ihr Fahrzeug auch nach Ablauf der Garantiefrist von einer Jaguar-Werkstätte warten und instandhalten zu lassen, auch wenn sie dafür höhere Preise zahlen müssen als in einer freien Werkstatt.

Sollte der Ressourcenmarkt für Jaguar-Werkstätten markenspezifisch abzugrenzen sein, hat der Importeur auf diesem Markt eine marktbeherrschende Stellung. Allein er kann den Status einer Vertragswerkstatt vergeben. Der Marktbeherrscher darf andere Unternehmen nicht unbillig behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund nicht unterschiedlich behandeln. Das gilt insbesondere für die Aufnahme in das Werkstattnetz. Wenn ein Unternehmen die qualitativen Anforderungen erfüllt, unter denen gleichartige Unternehmen ins Werkstattnetz aufgenommen werden, darf der Zutritt dazu nicht verweigert werden, falls dafür keine sachlichen Gründe bestehen.

Darüber hinaus kann sich auch aus der unternehmensbedingten Abhängigkeit des bislang als Jaguar Werkstatt tätigen Autohauses ein Kontrahierungszwang ergeben. Der Grund dafür liegt darin, dass das Unternehmen so stark auf Produkte von Jaguar ausgerichtet ist, dass es nur unter Inkaufnahme erhebliche Wettbewerbsnachteile auf eine andere Marke wechseln kann.

Nach Ansicht des BGH können Werkstattverträge gekündigt werden. Die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages ist allerdings dadurch begrenzt wird, dass dadurch keine wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen begünstigt werden sollen.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass Eigentümer von KFZ einer Premiummarke gesteigerten Wert darauf legen, dass ihr Fahrzeug auch nach der Garantiefrist noch von einer Vertragswerkstatt gewartet wird, wäre dies eine Rechtfertigung dafür einen eigenen, markenspezifischen Markt anzunehmen, auf dem der  Importeur Marktbeherrscher ist.

Bedeutung für Österreich

Nach den Regeln des europäischen, deutschen und österreichischen Wettbewerbsrechtes gilt für Marktbeherrscher ein und dieselbe Vorgabe: Sie dürfen ihre Stellung nicht missbrauchen, indem sie die von ihnen abhängigen Unternehmen behindern oder ohne sachliche Gründe unterschiedlich behandeln. Die vorliegende Entscheidung liefert daher für Werkstätten, die auf Service von KFZ von Premiummarken spezialisiert sind, eine Chance auf Erhalt eines Werkstättenvertrages bei Erfüllung der qualitativen Vorgaben / Standards des Importeurs.

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