Kommission: Gruppenfreistellungsverordnung sorgt für mehr Wettbewerb

Freitag, 29. Mai 2008

In den letzten Jahren haben sich die Wettbewerbsbedingungen sowohl beim Verkauf von Neuwagen als auch im Bereich der Kfz-Reparatur und -Wartung gebessert. Dies zeigt ein jetzt von der Europäischen Kommission veröffentlichter Prüfbericht zur Gruppenfreistellungsverordnung über die Anwendung der europäischen Wettbewerbsregeln (Artikel 81 EG-Vertrag) im Bereich des Kfz-Vertriebs und der Kfz-Reparatur (Verordnung 1400/2002).

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kommentierte den Bericht mit folgenden Worten: „Kauf und Unterhalt eines Fahrzeugs sind für den Halter mit hohen Kosten verbunden; deshalb ist es wichtig, durch entsprechende Vorschriften mit dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb funktioniert. Ich bin gespannt auf die Kommentare zu dem Bericht, denn sie können uns Anhaltspunkte liefern, wie die Wettbewerbsvorschriften auf diesem Gebiet künftig aussehen sollen.“

Gruppenfreistellungsverordnungen schaffen für bestimmte Kategorien von Vereinbarungen eine Art „sicheren Hafen", indem sie die Vertragsparteien von der Verpflichtung entbinden, diese Vereinbarungen einzeln daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen die EU-Wettbewerbsregeln (Artikel 81 EG-Vertrag) verstoßen. Die Kfz-Freistellungsverordnung schafft diese sichere Zone für Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen im Kraft- und Nutzfahrzeugsektor und ist Ausdruck des neuen Kommissionsansatzes, der eine sorgfältige Analyse der aktuellen Wettbewerbssituation auf einem bestimmten Markt verlangt. Als die Verordnung 2002 erlassen wurde, hatte die Kommission eine Reihe branchenspezifischer Probleme ausgemacht, die nach einer auf ganze bestimmte Fälle zugeschnittenen Gruppenfreistellungsverordnung mit ausführlichen Regelungen verlangten; eine Einbeziehung des Kfz-Sektors in die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung über vertikale Unternehmensabsprachen kam damals nicht in Frage.

Der Bericht zeigt, dass der Wettbewerb unter den Automobilherstellern beim Verkauf von Neuwagen zugenommen hat und dass der Binnenmarkt hier jetzt offenbar besser funktioniert als früher. Dass der Neuwagenmarkt jetzt härter umkämpft wird, ist allerdings weniger auf die Verordnung als vielmehr auf andere Faktoren wie Produktionsüberkapazitäten, technische Neuerungen und die stärkere Verflechtung der Märkte zurückzuführen.

Bei der Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen haben freie Werkstätten dank der Intervention der Kommission (siehe IP/07/1332) jetzt besseren Zugang zu technischen Unterlagen. Die Zahl der zugelassenen Werkstätten hat mittlerweile zugenommen, weil aufgrund der allgemeinen Wettbewerbsregeln die Hersteller (die mit ihren Werkstätten einen großen Teil des markeneigenen Reparaturmarktes abschöpfen) jeden in ihr Netzwerk aufnehmen müssen, der die Qualitätsanforderungen erfüllt. Die Ersatzteillieferanten haben ihre Wettbewerbsposition gegenüber den herstellereigenen Vertriebskanälen für Kfz.-Teile behaupten können.

Der Bericht zieht daraus den Schluss, dass die Gruppenfreistellungsverordnung im Großen und Ganzen positive Auswirkungen hatte. Allerdings haben sich viele der sektorspezifischen Einzelvorschriften wie etwa die Erlaubnis für Kfz-Händler, Verkaufsräume ohne angeschlossene Werkstatt zu betreiben, als überflüssig und bisweilen sogar kontraproduktiv erwiesen. So ist nicht auszuschließen, dass durch die Anhebung der Marktanteilsschwelle, bis zu der quantitative Selektivvertriebsvereinbarungen freigestellt werden können, auf 40 % die Tendenz der Automobilhersteller zu einem einzigen Vertriebsmodell verstärkt wurde. Die Überreglementierung in bestimmten Bereichen wie Mehrmarkenvertrieb oder die Öffnung neuer Verkaufsstellen haben zur Einführung überflüssiger Anforderungen an die Händler geführt und damit den Vertrieb zu Lasten der Verbraucher verteuert. Andere Vorschriften wie jene, die die Hersteller verpflichten, freien Reparaturwerkstätten Zugang zu technischen Unterlagen zu gewähren, haben sich zwar als wirkungsvoll erwiesen, werden aber künftig von EG-Vorschriften in anderen Politikbereichen abgelöst (z.B. durch die Verordnung 715/2007 über Kraftfahrzeugemissionen). Der Bericht kommt daher zu dem Schluss, dass die Fahrzeughalter mehr vom Wettbewerb profitieren würden, wenn die Vorschriften vereinfacht würden. Über Form und Inhalt der künftigen Regelung wird in der nächsten Phase des Überprüfungsprozesses entschieden.

Der heutige Bericht ist das Ergebnis einer 2007 eingeleiteten Bestandsaufnahme mit Fragebögen an die betroffenen Kreise, Studien und externen statistischen Datenerhebungen. Beigefügt sind verschiedene Arbeitsunterlagen zur näheren Erläuterung der gesammelten Daten und der Argumente, auf die sich der eigentliche Bericht stützt.

Der Bericht ist der erste Schritt in einem Verfahren, bei dem über die künftige Regelung für den Kfz-Sektor nach Auslaufen der Verordnung am 31. Mai 2010 entschieden werden soll. Vorschläge mit Blick auf die Zukunft sind darin noch nicht enthalten. (Quelle: EU-Kommission, 28. Mai 2008)

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Dr. Johannes Öhlböck LL.M.

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