Ausgleichsanspruch auch bei Markenwechsel

Freitag, 12. April 2012

Eine gerichtsanhängige Streitigkeit aus dem Vertrieb von Baumaschinen (Bagger) zeitigt Auswirkungen auf den KFZ-Vertrieb (4 Ob 188/11t, 17.01.2012).

Ausgleichsanspruch auch bei Markenwechsel durch den Importeur

Einem (Bagger-)Händler steht ein Ausgleichsanspruch gegen den Importeur auch dann zu, wenn der Importeur die Marke wechselt. Für das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs genügt es, dass der Importeur den vom Händler vermittelten Kundestamm auch noch nach Ende des Vertragsverhältnisses nutzen kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Unternehmer die vom Kläger geschaffenen Geschäftsverbindungen für Folgegeschäfte nutzt, die (nach einem Wechsel des Zulieferers) Substitutionsgüter betreffen und die nicht als Erweiterung des Angebotssortiments über die vom Kläger provisionsberechtigt verkauften Produkte hinaus zu beurteilen sind.

Aus der Entscheidung:


Der Kläger war am 15.10.1991 Handelsvertreter der Beklagten für den „Vertrieb der Neugeräte wie Hitachi Bagger, Fiat-Hitachi Bagger sowie Fiatallis Radlader sowie Planier- und Laderaupen inklusive aller Zubehörteile, die zum Programm des Importeurs gehören“.

Der klagende Händler erbrachte seine Leistungen für die Vertragspartnerin bis 2004.

Der Kläger erweiterte im Zuge seiner Tätigkeit für die Rechtsvorgänger der Beklagten keine bestehende Geschäftsverbindung, führte ihnen aber folgende Kunden neu zu:

  • M***** (F***** - W*****): Diesen (insgesamt drei) Unternehmen verkaufte der Kläger zwischen 1992 und 2004 ca 15 Fiat-Hitachi-Maschinen. Ab 2004 verkaufte die Beklagte diesen Unternehmen ohne Zutun des Klägers vier „New Holland“-Geräte, ein Faun Gerät, ein Kobelco- sowie ein Hitachi-Kobelco-Gerät. Darüber hinaus kaufte M***** bei der Beklagten eine Vielzahl von Konkurrenzprodukten, hauptsächlich der Marke Caterpillar.
  • Gemeinde S*****: kaufte 2001 ein Fiat-Hitachi-Gerät (7-Tonnen-Bagger für Straßenarbeiten) mit einer Nutzungsdauer von zehn Jahren.
  • K*****: kaufte ab 1998 mehrere Fiat-Hitachi-Bagger. Nach 2004 kaufte dieses Unternehmen bei der Beklagten zumindest fünf New-Holland-Geräte.
  • G*****: kaufte ab 1996 zumindest vier Fiat-Hitachi-Bagger.
  • B*****: kaufte 2004 einen Fiat Kobelco Mobilbagger. Im Frühjahr 2010 erwarb dieses Unternehmen bei der Beklagten einen Gräder der Marke „New Holland“.
  • Maschinenhof H***** GmbH: kaufte ab 1994 bis 2004 ca 30 Geräte. Der Kläger vermittelte ab 2004 nach einer entsprechenden Anfrage des Geschäftsführers der B***** GmbH (des ehemaligen Verkaufsleiters der I*****) für die B***** GmbH zwei Bagger-Verkäufe an H*****. Nach Februar 2009 wurden noch vier Maschinen von der B***** GmbH an H***** verkauft.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes existierten sowohl 2004 als auch heute rund 10 Baggerhersteller auf dem Markt, die technisch annähernd gleichwertige Produkte anbieten.

Der Kläger begehrte 19.609,13 EUR sA als Ausgleichszahlung nach § 24 HVertrG für seine Tätigkeit zwischen 1991 und 2004.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und argumentierte, dass der Kläger in der Vergangenheit Geschäfte mit Produkten von Hitachi vermittelt habe, die Beklagte diese Produkte aber nach einem Produktwechsel nicht mehr vertreibe. Der Kläger habe somit keine Kunden zugeführt, mit denen weitere Geschäfte abgeschlossen werden könnten.

Der Oberste Gerichtshof hielt dazu fest, dass die Kunden nach einer Vertragsauflösung regelmäßig beim Unternehmer verbleiben und nur dieser noch den Gewinn daraus habe. Er profitiert allein, unter Umständen verdoppelt, da er sich die Provision für den Handelsvertreter erspart. Zieht der Unternehmer aber tatsächlich noch Vorteile aus Verbindungen zu den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden, so zeigt sich ein noch höherer Wert der Handelsvertretertätigkeit, der unvergütet ist. Der Handelsvertreter dagegen verliert seine Existenzgrundlage. Es ist in hohem Maße ein Gebot der Gerechtigkeit, dies auszugleichen. Der Handelsvertreter muss für den Nutzen, den der Unternehmer aus der Überlassung des Kundenstamms zieht, vergütet werden.

Der Fall, dass der Unternehmer die vom Handelsvertreter neu geschaffenen Geschäftsverbindungen durch eigenes Bemühen zusätzlich für den Absatz anderer von ihm vertriebener Produkte nutzt, liegt hier nicht vor. Der Markenwechsel bei der Unternehmensgruppe der Beklagten betraf nämlich Substitutionsgüter und war keine Erweiterung des Angebotssortiments über die vom Kläger provisionsberechtigt verkauften Produkte hinaus.

Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters scheitert daher weder an einer Umstellung des Vertriebssystems des Unternehmers nach Vertragsbeendigung durch künftige Belieferung des Großhandels anstatt des Endverbrauchers, noch durch einen Wechsel des Zulieferers.

Bedeutung für den KFZ-Vertrieb

Der Oberste Gerichtshof hat damit für den Vertrieb von Baumaschinen eine Entscheidung getroffen, die auf den KFZ übertragbar ist. Gesetzt den Fall, ein Importeur verliert den Vertriebsvertrag mit dem Hersteller einer Marke, erhält aber einen Importeursvertrag für eine annähernd vergleichbare Marke, würde dies dem Ausgleichsanspruch des KFZ-Händlers nach Vertragsbeendigung nicht schädlich sein.