Autokauf: einseitige Stornogebühr nichtig

Samstag, 06. Juni 2014

Stornogebühr-Autokauf-Fotolia_1245320_XSEine einseitige pauschale Stornogebühr von 20 % in AGB eines Autohauses bei unbegründetem Vertragsrücktritt vom Kauf eines Autos durch den Käufer ist nichtig, da sie den Verbraucher gröblich benachteiligt (OGH 17.02.2014, 4 Ob 229/13z).

Rücktritt vom Kaufvertrag eines Autos

Ein Konsument aus Osttirol interessierte sich für den Kauf eines VW-Bus Multivan bei einem Autohaus in Nordtirol. Er besichtigte das Auto und unterschrieb am 16.10.2012 einen schriftlichen Kaufvertrag, der einen Kaufpreis von EUR 47.900,00 vorsah.

Leasing-Finanzierung wurde besprochen aber nicht zur Bedingung gemacht. In den Vertragsformblättern des Autohauses waren Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten, die der Konsument nicht vollständig durchgelesen hat. Vom Mitarbeiter des Autohauses wurde er nicht auf die einzelnen Punkte hingewiesen. Punkt 7.3. der AGB sah eine Stornogebühr von 20 % des Kaufpreises für den Fall des Rücktritts vom Vertrag vor.

Der Konsument war bei Unterfertigung des Kaufvertrags der Meinung, eine Leasing-Finanzierung werde möglich sein. Eine Bonitätsprüfung seiner Hausbank fiel negativ aus. Nach Erhalt der abschlägigen Mitteilung der Bank trat der Beklagte vom Kaufvertrag zurück.

Autohaus erhebt Klage gegen Konsument

Das Autohaus erhob Klage und machte die Stornogebühr von 20 % (EUR 9.580,00), die Neuanmeldungskosten (EUR 343,00), das vereinbarte Standgeld (EUR 90,00), Spesen (EUR 50,00) sowie die Zureisekosten des Mitarbeiters des Autohauses nach Osttirol (EUR 168,00) geltend.

Der beklagte Konsument beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe den Kaufvertrag unter dem Vorbehalt einer Leasing-Finanzierung abgeschlossen, die nicht zustande gekommen sei. Sein Rücktritt vom Vertrag sei daher weder unbegründet noch schuldhaft gewesen. Der Klägerin stehe daher kein Schadenersatz zu. Die Vereinbarung über die Stornogebühr sei sittenwidrig und dem Beklagten gegenüber nichtig.

OGH zu einseitiger Stornogebühr beim Autokauf

Der Oberste Gerichtshof wurde mit diesem Sachverhalt nach einer ordentlichen Revision des klagenden Autohauses befasst.

Nach Würdigung der Klauselrichtlinie (RL 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl L 1993/95, 29) sowie der Judikatur des EuGH (14. 6. 2012, C-618/10 - Banco Espanol de Crédito, Rn 65) sowie seiner eigenen Rechtsprechung zur geltungserhaltenden Reduktion nicht im einzelnen ausgehandelter missbräuchlicher Klauseln (vgl RIS-Justiz RS0128735; RS0122168; RS0038205; zuletzt ausführlich 2 Ob 22/12t und 2 Ob 131/12x) kommt der OGH zu folgendem Schluss:

Im Anwendungsbereich des ABGB kann nichts anderes gelten, sind doch sämtliche einschlägige nationale Normen (neben § 6 KSchG insbesondere auch § 878 Satz 2 ABGB und § 879 ABGB) richtlinienkonform im Sinne der Klauselrichtlinie auszulegen. Damit sind alle Verbraucherverträge, die am oder nach dem 1. 1. 1995 geschlossen worden sind und in den Anwendungsbereich der Klauselrichtline (insbesondere deren Art 6 Abs 1) fallen, vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion erfasst.

Nach diesen Grundsätzen ist die (einen Teil des Kaufvertrags bildende) Klausel 7.3. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (pauschale Stornogebühr von 20 % des Kaufpreises bei unbegründetem Vertragsrücktritt durch den Käufer) nichtig und unanwendbar, da sie den Verbraucher gröblich benachteiligt. Solches ist nämlich dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition im auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht. Ein Missverhältnis liegt einerseits in der unangemessenen Höhe der Stornogebühr von 20 %, andererseits in der Einseitigkeit der Klausel zu Gunsten des Verkäufers, der im Fall unbegründeten Vertragsrücktritts nur die Anzahlung samt Zinsen zurückzahlen muss. Das Verbot einer Reduktion der Klausel auf das Zulässige (Art 6 Abs 1 Klauselrichtlinie) führt zum ersatzlosen Entfall dieses Vertragspunktes. Damit stellen sich die im Rechtsmittel weiters aufgeworfenen Fragen zum richterlichen Mäßigungsrecht der Stornogebühr nicht mehr.

Fazit und Auswirkung auf Gestaltung von AGB:

Wäre die in den AGB Stornogebühr

  • gesondert vereinbart und besprochen worden,
  • deutlich geringer als 20 % oder
  • für beide Seiten verbindlich (und nicht einseitig),

hätte sie eine bessere Chance auf Bestand habt.

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