Kia Händler - kein Anspruch auf Servicevertrag

Mittwoch, 26. Januar 2016

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Ein Generalimporteur für Neufahrzeuge und Originalersatzteile einer bestimmten Marke verstößt nicht gegen das Behinderungsverbot oder das Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung, wenn er Unternehmen außerhalb seines Vertriebsnetzes keine Direktbelieferung anbietet, sondern sie auf einen Bezug über das Netz seiner Vertragswerkstätten verweist. Umso weniger kann ein Unternehmen außerhalb des betreffenden Vertriebsnetzes verlangen, von der Generalimporteurin über ihr Werkstättennetz vertriebene Ersatzteile zu Preisen beziehen zu können, die Vertragswerkstätten zu zahlen haben (OGH 08.10.2015 1608.10.2015, 16 Ok 1/15f).

Aus dem Sachverhalt:

Die Antragstellerin betreibt einen KFZ-Handel samt Werkstätte. Die Antragsgegnerin ist Generalimporteur für Neufahrzeuge der Marke Kia. Die Streitparteien standen einander schon zu 3 Ob 33/13v gegenüber. Der OGH hat dazu am 19.06.2013 im Zuge einer Streitigkeit um die Rechtmäßigkeit einer Kündigung von Händlervetrag und Werkstattvertrag der OGH entschieden, dass ein Kündigungsgrund aus dem Händlervertrag auf den Werkstattvertrag durchschlagen kann.

Antrag an das Kartellgericht

Im September 2013 und 2014 wendete sich der Handels-/Werkstattbetrieb mit Anträgen an das Kartellgericht. Er sah einen Mißbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch den Importeur, durch

  1. Verweigerung des Abschlusses eines Werkstattvertrags bzw des Zugangs zum Netz zugelassener Kia-Werkstätten trotz Erfüllung der Standards des qualitativ-selektiven Vertriebssystems am Wettbewerb auf dem Markt für die Instandhaltung und Wartung von Fahrzeugen der Marke Kia
  2. Anwendung unterschiedlicher Konditionen im Verhältnis zu Vertragswerkstätten bezüglich der Belieferung mit Ersatzteilen sowie des Zugangs zu technischen Daten
  3. Mißbrauch von Gewährleistungsregeln, sich selbst bzw den Vertragswerkstätten Instandsetzungs- und Wartungsdienste an Kraftfahrzeugen bestimmter Kategorien explizit oder implizit vorzubehalten

Darüber hinaus begehrte der Händler die Feststellung, dass das Vertriebssystem des Importeurs gegen Art 101 AEUV bzw § 1 KartG (Kartellverbot) verstößt bzw die Freistellungsvoraussetzungen der Gruppenfreistellungsverordnung (VO 461/2010) aufgrund des Verhaltens des Importeurs nicht erfüllt sind.

Entscheidung des Obersten Gerichtshofes als Kartellobergericht

Der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht gab den Anträgen des Händlers in letzter Instanz keine Folge und argumentierte wie folgt (gekürzt):

Verweigerung Abschluss Werkstattvertrag rechtmäßig

Verweigerung des Abschlusses eines Werkstattvertrags durch den Importeur war sachlich gerechtfertigt, da der Inhalt des Vertrags angeführt oder zumindest behauptet werden müsse, dass sämtliche vom Importeur abgeschlossenen Werkstattverträge einen identen Inhalt hätten und daher ein derartiger Standardvertrag abgeschlossen werden solle. Selbst wenn ein eigener Markt für den Abschluss von KIA-Werkstattverträgen angenommen werde, den der Importeur beherrsche, wäre die Weigerung einen Werkstattvertrag abzuschließen, nicht als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung anzusehen. Denn im Hinblick auf die Vielzahl der zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreite und die tiefgreifend gestörte Kommunikations-und Vertrauensbasis sei die Weigerung des Importeurs als gerechtfertigt anzusehen.

Keine Anwendung unterschiedlicher Konditionen

Das Kartellobergericht sah auch keine Anwendung unterschiedlicher Konditionen im Verhältnis zu Vertragswerkstätten, da der antragstellende Betrieb nicht Vertragspartner des Importeurs ist. Zudem vertreibt der Importeur Ersatzteile nicht über die Großhandelsstufe, sondern nur über seine Vertragswerkstätten und es verstößt daher nicht gegen das Behinderungsverbot oder Diskriminierungsverbot, wenn Unternehmen ausserhalb des Vertriebsnetzes nicht direkt beliefert werden. Umso weniger kann der Antragsteller daher verlangen, vom Importeur Ersatzteile zu Preisen beziehen zu können, die Vertragswerkstätten zahlen.

Zudem hat der Händler nicht behauptet hat, dass erstens die Gebühren für den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformation nicht angemessen oder unverhältnismäßig waren und zweitens Vertragswerkstätten diese Gebühren von Vertragswerkstätten nicht zu zahlen waren. Im Übrigen verlangt ein diskriminierungsfreier Zugang zu technischen Informationen keine schematische Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Freie Werkstätten oder andere unabhängige Marktteilnehmer sind nicht mit den Kosten belastet, die sich für Vertragswerkstätten aus ihrem Dauerschuldverhältnis mit dem Importeur und den objektiven Kriterien ihrer qualitativen Selektion ergeben. Diese unterschiedlichen Umstände sind beim Entgelt und bei den Konditionen zu berücksichtigen.

Kein Mißbrauch von Gewährleistungsregeln

Der Aspekt des Mißbrauchs von Gewährleistungsregeln war (mangels entsprechender Ausführung) inhaltlich nicht mehr Gegenstand des Verfahrens vor dem Kartellobergericht.

Kein Verstoß des Vertriebssystems gegen das Kartellverbot

Nach Ansicht des Kartellobergerichtes hat der Handelsbetrieb nicht dargelegt, weshalb das Vertriebssystem des Importeurs gegen das Kartellverbot des § 1 KartG verstoßen soll. Die Nichtaufnahme in das Netz der Vertragswerkstätten führt nicht zu einer Kartellrechtswidrigkeit, weil die Weigerung sachlich gerechtfertigt war.

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