Getriebe rupft: Muss über die Bedeutung aufgeklärt werden ?

Samstag, 18. März 2016

BMW-X5-Getriebe-rupft-Fotolia-10853912-XSEin Unternehmer kaufte einen gebrauchten BMW X5 mit rupfendem Getriebe. Der Händler klärte ihn trotz Wissen über die Möglichkeit eines baldigen Getriebeschadens nicht entsprechend auf sondern beschwichtigte. Das Höchstgericht in Zivilsachen gab dem Käufer in seinem Begehren auf Rückabwicklung Recht (OGH 10 Ob 32/15a, 23.06.2015).

Getriebe bei BMW X5 rupft

Im Juni 2012 verkaufte ein Kfz-Händler einem Unternehmer einen gebrauchten BMW X5 3,0 D, Bj 2003 um EUR 14.500,00. Der Käufer wollte es für betriebliche Zwecke nutzen und ohne nennenswerte Reparaturen einen 3-Tonnen Anhänger ziehen. Im Kaufzeitpunkt lagen diverse Mängel vor, weshalb der PKW tatsächlich nur einen maximalen Wert von EUR 6.000,00 hatte. Gewährleistung wurde ausgeschlossen. Der Wiederbeschaffungswert eines gleichwertigen funktionsfähigen Fahrzeugs lag bei rund EUR 15.000,00.

Bei Besichtigung betonte der Käufer, Wert auf ein funktionstüchtiges, verkehrstüchtiges und betriebssicheres Fahrzeug zu legen. Der Händler bezeichnete daraufhin den X5 als „genau das Richtige" und versicherte, es sei betriebs- und verkehrssicher, lediglich das Getriebe „rupfe" leicht; dieses Problem sei durch Nachfüllen von Öl behebbar. Tatsächlich wusste der Händler, dass aufgrund des „rupfenden" Getriebes in Kürze ein kapitaler Getriebeschaden auftreten könnte und das Fahrzeug dann nicht mehr fahrbar wäre, sagte das aber dem Käufer nicht und erläuterte auch Ursachen und Folgen eines „rupfenden" Getriebes nicht. Tatsächlich trat bald nach Übergabe ein gravierender Getriebeschaden auf.

Klage auf Rückabwicklung

Der Käufer klagte den Händler auf Rückabwicklung und Zahlung von EUR 14.500,00 und stützte sich auf Arglist, Irrtum, Schadenersatz, Gewährleistung und Verkürzung über die Hälfte. Der Händler argumentierte, dass er nie getäuscht habe, Mängel bekannt gegeben habe und der Käufer den Zustand des Getriebes akzeptiert und das Fahrzeug mit Wissen vom Mangel vorbehaltlos übernommen habe, weshalb Verkürzung über die Hälfte ausscheide. Außerdem habe der Käufer keine Mängelrüge vorgenommen.

Nichtaufklärung über Bedeutung von Getrieberupfen = vorsätzliches Verschweigen eines Mangels

Die Gerichte gaben dem Käufer in drei Instanzen Recht. Der Oberste Gerichtshof sah in der Nichtaufklärung über die Bedeutung des „Rupfen" des Getriebes das vorsätzliche Verschweigen des Mangels iSd § 377 Abs 5 UGB, sodass sich der Händler nicht auf die Rügeobliegenheit nach § 377 UGB berufen kann.

Es kam dabei darauf an, dass der Händler die Bedeutung des „Rupfens" entgegen seinem eigenen Wissen heruntergespielt hat, indem er den Käufer glauben machte, das Problem sei durch Nachfüllen von Öl behebbar. Dabei hatte ihm der Käufer mitgeteilt, dass er Wert auf ein betriebssicheres Fahrzeug lege und keine Reparaturen vornehmen wolle.

Bei Abschluss eines Kaufvertrags trifft den Verkäufer nämlich eine Aufklärungspflicht, wenn der Käufer zum Ausdruck brachte, dass er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legt (hier: Betriebssicherheit) und daher informiert werden will. Der Verkäufer muss den Käufer über Umstände aufklären, deren Bedeutung dieser mangels Fachkenntnis nicht erkennt, deren Kenntnis aber für seine Entscheidung zum Vertragsabschluss von maßgeblichem Einfluss gewesen wäre. Im Übrigen sprach das Höchstgericht aus, dass die Berufung auf Verkürzung über die Hälfte auch ohne Mängelrüge zulässig ist.

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