Die EU-Kommission hat am 27. Mai 2010 mit der VO 461/2010 neue Regeln für den Kraftfahrzeugsektor erlassen. Die neue KFZ-GVO (Gruppenfreistellungsverordnung) ist seit 1. Juni 2010 in Kraft und gilt bis 31. Mai 2023.
Regeln der neuen KFZ-GVO im Überblick
In der KFZ-GVO-neu finden sich Bestimmungen die den KFZ-Anschlussmarkt („After-Sales") betreffen, somit Bedingungen betreffen, unter denen die beteiligten Unternehmen Kraftfahrzeugersatzteile beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen oder Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge erbringen dürfen. Die neuen Regeln gelten für Vereinbarungen zwischen Herstellern und Importeuren von Neu-KFZ einerseits und deren Händlern, Werkstätten und Ersatzteilanbietern andererseits. Nach Ansicht der Kommission soll dadurch der Wettbewerb im Servicebereich gestärkt werden, zumal der Zugang zu erforderlichen Reparaturinformationen und die Verwendung alternativer Ersatzteile erleichtert werden. Auf der Grundlage der überarbeiteten Regeln will die Kommission wirksam gegen Hersteller und Importeure vorgehen, die verlangen, dass Kraftfahrzeuge nur in von ihnen zugelassenen Werkstätten gewartet werden, und damit ihrer Gewährleistungspflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen.
Situation bis 31. Mai 2013
Die KFZ-GVO-alt (VO 1400/2002), die auch umfassende Regeln für den Vertrieb von Neufahrzeugen vorsah, wurde bis 31. Mai 2013 verlängert. Die Kommission ist nach Durchführung von Konsultationen der Ansicht, dass auf dem Markt des Vertriebes von Neuwägen hinreichend Wettbewerb herrscht, die eine Gruppenfreistellungsverordnung rechtfertigen würde, die auch den Vertrieb von KFZ abdeckt.
Situation ab 31. Mai 2013
Ab dem 31. Mai 2013 ist für den Bezug, Verkauf oder Weiterkauf von Neufahrzeugen ausschließlich die sogenannte Vertikal-GVO (VO 330/2010) anwendbar. Die Vertikal-GVO findet Anwendung, wenn
- sowohl der Anteil des Anbieters an dem Markt, auf dem er die Vertragsprodukte an den Abnehmer verkauft, als
- auch der Anteil des Abnehmers an dem Markt, auf dem er die Vertragsprodukte bezieht, höchstens 30 % beträgt.
Für derartige Fälle sieht die Vertikal-GVO sogenannte Kernbeschränkungen vor, die zum Ausschluss des Rechtsvorteils der Gruppenfreistellungen führen. Im Verhältnis zur KFZ-GVO-alt birgt die Vertikal-GVO allerdings deutliche Nachteile für Kfz-Betriebe.
Nachteile für Kfz-Betriebe durch Wegfall GVO 1400/2002
Mit dem Lostag 31. Mai 2013 fallen folgende durch die KFZ-GVO-alt gewährten Vorteile für Kfz-Betriebe weg bzw sind entsprechende Einschränkungen denkbar:
- Mehrmarkenvertrieb - Berechtigung bis zu drei Marken zu führen
Trennung von Service und Vertrieb - Berechtigung weitere Standorte zu betreiben („Standortklausel")
- Verpflichtung zur Begründung von Kündigungen eines Händlervertrages
- Kündigungsschutz: Kündigungsfrist für ordentliche Kündigung von unbefristeten Verträgen von zwei Jahren oder fünfjährige Fixlaufzeit des Vertrages
- Schiedsklausel bei Streitigkeiten
Aus Sicht der Kfz-Betriebe ist das Auslaufen der KFZ-GVO 1400/2002 daher zusammenfassend als großer Nachteil zu bezeichnen.
Ansprüche nach Kündigung
Mit dem Auslaufen der KFZ-GVO-alt ist mit einer Kündigung von Verträgen zu rechnen. Bei Vertragskündigung stehen einem Kfz-Betrieb bei Vorliegen aller Voraussetzungen folgende Ansprüche zu:
- Ausgleichsanspruch
- Ersatzteilrücknahme
- Investitionsersatz
Zu berücksichtigen ist, dass diese Ansprüche innerhalb der vorgeschriebenen Fristen ab Vertragsende geltend gemacht werden müssen. Für den Ausgleichsanspruch gilt eine doppelte Frist (Anmeldung innerhalb eines Jahres und Geltendmachung innerhalb von drei Jahren).