Die KFZ-GVO 1400/2002, die auch den Neufahrzeugvertrieb regelt, gilt noch bis 31.05.2013. Nach diesem Tag gelten die Bestimmungen der GVO-neu (VO 461/2010 oder "After-Sales-GVO") für den After-Sale Bereich, und somit für vertikale Vereinbarungen, die den Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf von Kraftfahrzeugersatzteilen und die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge betreffen.
Regeln für den Kfz-Vertrieb finden sich – im Gegensatz zur Vorläuferregelung – nicht mehr in der GVO. Die Kommission begründet dies damit, dass dass auf den Märkten für den Verkauf von Neufahrzeugen starker Wettbewerb herrscht. Sie behandelt daher den KFZ-Vertrieb künftig genauso behandelt wie alle anderen Märkte und hält eine sektorspezifische Regeln für den Vertrieb für entbehrlich. Die neue KFZ-GVO gilt bis 31. Mai 2023 unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU. Spätestens am 31. Mai 2021 ist von der EU-Kommission ein Bericht darüber zu erstellen.
Die neue KFZ-GVO regelt sogenannte Kernbeschränkungen. Es handelt sich um Regeln, die sich nicht in einem Vertrag finden dürfen. Tun sie das doch, führt das dazu, dass die Gruppenfreistellung und die aus ihr resultierenden Rechtsvorteile nicht angewendet werden können. Die Kernbeschränkungen der neuen KFZ-GVO im Detail:
- Verkauf von Ersatzteilen an freie Werkstätten
Der Verkauf von KFZ-Ersatzteilen durch Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems an unabhängige Werkstätten, die die Teile für die Instandsetzung und Wartung verwenden, darf nicht beschränkt werden.
- konkurrierende Ersatzteile (Identteile)
Unzulässig sind Regeln, die zwischen einem Anbieter von Ersatzteilen, Instandsetzungsgeräten, Diagnose- oder Ausrüstungsgegenständen und einem Kraftfahrzeughersteller vereinbart werden und bezwecken, dass die Möglichkeiten des Anbieters beschränkt werden, diese Waren an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen. Um den wirksamen Wettbewerb auf den Instandsetzungs- und Wartungsmärkten zu gewährleisten und Werkstätten die Möglichkeit zu geben, Endverbrauchern konkurrierende Ersatzteile anzubieten, sollte die Gruppenfreistellung zudem nicht für vertikale Vereinbarungen gelten, die zwar die Voraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 erfüllen, aber die Möglichkeiten eines Ersatzteilherstellers beschränken, solche Teile an zugelassene Werkstätten im Vertriebssystem eines Kraftfahrzeugherstellers, unabhängige Ersatzteilhändler, unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen.
- Kennzeichnung von Bauteilen
Anbieter von Bauteilen die der Kraftfahrzeughersteller für die Erstmontage von Kraftfahrzeugen verwendet, sollen das Recht haben, ihr sein Waren- oder Firmenzeichen (Marke) auf diesen Teilen effektiv und gut sichtbar anzubringen.
Die EU-Kommission bezweckt mit diesen Regeln, dass der Zugang von Werkstätten zu alternativen Ersatzteilen verbessert wird. Dies ist nach ihrer Einschätzung insofern wichtig, als Ersatzteile einen erheblichen Teil der Reparaturkosten ausmachen können. Werkstätten und Verbraucher sollen feststellen können, welche Ersatzteile anderer Anbieter für ein bestimmtes Kraftfahrzeug geeignet sind und anstelle der Marke des Kraftfahrzeugherstellers verwendet werden können.
Mit 31.05.2013 entfallen die Händlerschutzbestimmungen der KFZ-GVO 1400/2002. Der neue Rechtsrahmen erlaubt Herstellern ab diesem Zeitpunkt eine Änderung der Organisation ihrer Netze, in denen Mehrmarkenhändler und Händler, die ausschließlich die Fahrzeuge eines Herstellers vertreiben, nebeneinander existieren.
Sollte es mit dem Auslaufen der KFZ-GVO-alt zur Kündigung von Verträgen kommen, stehen einem Kfz-Betrieb bei Vorliegen aller Voraussetzungen Ansprüche (Ausgleichsanspruch, Ersatzteilrücknahme, Investitionsersatz) zu. Zu berücksichtigen ist, dass diese Ansprüche innerhalb der vorgeschriebenen Fristen ab Vertragsende geltend gemacht werden müssen. Für den Ausgleichsanspruch gilt eine doppelte Frist (Anmeldung innerhalb eines Jahres und Geltendmachung innerhalb von drei Jahren).